Ex-Fußballprofi des FC 08 Homburg kümmert sich heute um Problemkinder
Homburg. Wie fühlte sich wohl der damalige Leverkusener Schlussmann Hans-Jörg Butt, als er in der Saison 2003/2004 nach einem verwandelten Elfmeter auf dem Rückweg in sein Gehäuse mit ansehen musste, wie der Ball plötzlich in das von ihm zu hütende Tor segelte? Clever bestimmt nicht. So wie Mike Hanke – damals noch beim FC Schalke – den jetzigen Bayern-Torwart foppte, machte es Manfred „Manni“ Lenz 21 Jahre zuvor mit dem damaligen Torwart der Amateure von Werder Bremen: 1983, im Viertelfinal-Hinspiel der deutschen Fußball-Amateurmeisterschaft, musste der FC 08 Homburg vor heimischen Publikum gerade den Bremer Anschlusstreffer zum 1:2 hinnehmen. Den fälligen Anstoß verwandelte der technisch begnadete Mittelfeldspieler Lenz dann aus etwa 50 Metern ins Tor der Hanseaten. Der Schlussmann hatte zuvor das Tor verlassen, um mit seinem Libero zu jubeln. Das Spiel endete 4:2 für die Grün-Weißen, und der FCH konnte durch einen 2:0-Finalsieg über die Amateure des FC Bayern München später auch den Titel ins Saarland holen.
Das alles ist mittlerweile fast 27 Jahre her. Lenz spielte noch bis 1986 für den FCH in der ersten und zweiten Bundesliga, ehe er die Fußballschuhe an den Nagel hängte: „Ich war damals 39 Jahre alt und habe gemerkt, dass es nicht mehr reicht“, erinnert sich der heute 62-Jährige. Der Übergang vom Fußballprofi in ein „gewöhnliches“ Berufsleben fiel dem Pfälzer damals nicht schwer: „Ich hatte mir schon während der Zeit als Spieler ein Sportgeschäft in Homburg aufgebaut und war nach der Spielerkarriere ja auch noch als Trainer und Sportdirektor des FCH tätig.“ Dreimal sprang der gelernte Pflasterer bei den Saarpfälzern als Interimstrainer in die Bresche (1990, 1995, 2001). Zuletzt hatte er bis 2002 das Amt des Sportdirektors inne.
Weder er noch einer seiner Söhne wollten das Sportgeschäft weiterführen. Und so gab „Manni“ das „Sporthaus Lenz“ 2007 auf. Seitdem arbeitet er als Sportkoordinator bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Homburg. Dort kümmert sich der ehemalige Profi um etwa 80 mitunter sozial benachteiligte Jugendliche ohne Schulabschluss. Bei der AWO absolvieren diese eine Ausbildung zum Metaller, Installateur, Tischler oder Maler. „Hier mache ich das, was mir liegt: Sport und der Umgang mit jungen Leuten. Wir spielen Boule, Volleyball, Tischtennis, wir gehen schwimmen, können in unserem Sportraum Gewichte heben oder einen Sandsack zum Boxen aufhängen.“
Sport als pädagogisches Mittel, diesen Ansatz mag der Hobbygolfer Manfred Lenz: „Hier kann man sich gewaltfrei austoben. Und über den Sportunterricht kann man die Leute auch mal sanktionieren. Das macht allen Jugendlichen so viel Spaß, dass ein Ausschluss schon richtig wehtut.“ Sogar ein Fußballplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe.
Außer mit „seinen“ Jugendlichen kickt der „Beckenbauer von Homburg“ (sein ehemaliger Mitspieler Uwe Freiler in der SZ vom 1. Juni 2004 über Lenz) aber selbst nicht mehr regelmäßig. Auch schaut er sich fast keine Spiele seines alten Clubs mehr an. „Ich will nicht sagen, dass ich kein Interesse mehr am Fußball habe. Ich schaue ab und zu meine Söhne, die spielen beide beim FC Palatia Limbach“, erzählt der gebürtige Rockenhausener und verliert dann doch zwei Sätze zur aktuellen Situation des FCH: „Der Trainer Jens Kiefer leistet sehr gute Arbeit. Er integriert viele gute junge Leute in die Mannschaft, das ist gut.“ Ob Homburg irgendwann wieder den Sprung in den „bezahlten Fußball“ schafft, sieht Lenz hingegen skeptisch: „Möglich ist alles, aber ich glaube es nicht. Da fehlen in erster Linie die Geldgeber.“ Ein Engagement als Trainer oder Funktionär schließt der Inhaber der B-Lizenz, egal bei welchem Verein, derzeit aus.
Nicht ausschließen will der 61-Jährige, im Laufe seiner Spielerkarriere einen Fehler begangen zu haben. „Es könnte sein, dass ich damals statt zu Hertha BSC Berlin besser zu Borussia Mönchengladbach gewechselt wäre“, erzählt Lenz, „aber man weiß im Endeffekt nie, was dort passiert wäre.“ Damals, 1972, war Hennes Weisweiler Trainer bei Gladbach und wollte den Offensivspieler unbedingt haben. „Die waren eine eingespielte Mannschaft. Zu Berlin kamen damals 20 neue Leute, und die haben ihre Ellenbogen benutzt, was nicht unbedingt mein Ding war als junger Spund. Trotzdem gebe ich mir auch selbst Schuld, dass ich es dort nicht gepackt hatte. Aber okay, es war halt so.“
Heute ist der ehemalige Pokalheld – er schoss 1977 das entscheidende 3:1 beim legendären Sieg über den damaligen Weltpokalsieger Bayern München – mit seinem Leben „sehr zufrieden.“ Trotz Winter könnte man also behaupten: Der Lenz ist angekommen.
Zur Person
Manfred Lenz ist am 21. November 1947 geboren.
Die Stationen von Manfred Lenz als Spieler:
Bis 1968: FV Rockenhausen (Zweite Amateurliga). 1968 – 1972: SV Alsenborn (Regionalliga).
1972 – 1974: Hertha BSC Berlin (Bundesliga).
1974 – 1986: FC 08 Homburg (Erste und zweite Bundesliga).
Veröffentlicht am 18. Januar 2010 in der Saarbrücker Zeitung.